Winterliche Faltboottour auf der Ruhr von Bochum-Dahlhausen bis Essen-Werden (25 km)

 

Weihnachten 2017 habe ich ein Avatak Greenland Paddle Terranova Grip mit Teilung geschenkt bekommen, das ich möglichst bald testen wollte. Die meisten Paddler winken ab, wenn es im Januar auf das Wasser gehen soll und die üblichen Verdächtigen waren verhindert. Das konnte mich aber nicht ausbremsen und ich nahm einen Dreifachtest in Angriff:
  1. Erste Ausfahrt mit dem neuen Grönlandpaddel.
  2. Tagestour mit Nutzung des ÖPNV ab und bis Heimatbahnhof in Kempen.
  3. Test des neuen Bootswagens Herkules mit Deichsel von CaroKanu.

Leider sind viele Flüsse mit dem Zug schlecht erreichbar und sonntags ist des Netz der Busverbindungen auf dem Lande extem ausgedünnt. Eine Tour auf dem Rhein wäre wohl möglich gewesen, ich habe mich dann aber für die Ruhr entschieden, da hier viele Bahnlinien bis dicht an die Einsatz- bzw. Aussatzstellen heranführen. Das Wasser auf der Ruhr fließt überwiegend langsam oder steht sogar. Die Tour sollte deshalb nicht zu lang sein. Nach ausgiebigem Studium des Buchungsportals der Bahn entschied ich mich für einen Start in Bochum-Dahlhausen. Ausschlaggebend waren die kurze Strecke vom Bahnhof zur Einsatzstelle und die Möglichkeit, die Tour an verschiedenen Bahnhöfen (Kupferdreh, Werden, Kettwig) zu beenden. Auf dem Hinweg musste ich zweimal umsteigen und benötigte für die Strecke gut 90 Minuten. Mit meinem Bandscheibenvorfall war das Ein- und Aussteigen problematisch, da es trotz aller Bemühungen um behindertengerechte Bahnsteige noch viel zu tun gibt. Stufen und große Lücken zwischen Wagon und Bahnsteig waren echte Herausforderungen für meinen Herkules und mich! Das Fahrverhalten des Bootswagens hat mich begeistert, für das Ein- und Aussteigen muss ich den Bootswagen aber noch ein wenig pimpen. Ich werde bei Gelegenheit berichten. Positiv ist aufgefallen, dass ich mich nicht über Treppen an den Bahnsteigen quälen musste (es waren immer Rampen oder funktionierende Fahrstühle bzw. Rolltreppen vorhanden) und dass alle Züge und der Bahnersatzverkehr auf Hin- und Rückweg pünktlich waren.

Auf meinem kurzen Weg vom Bahnhof zur Einsatzstelle zeigten sich die Folgen des Hochwassers von Anfang Januar: Uferwege und Ufer waren noch mit einer schmierigen Schlammschicht bedeckt. Zum Glück war die Einsatzstelle freigespült, so dass ich hier ohne Probleme den Bootsrucksack und alle Einzelteile des Bootes zum Aufbau zwischenlagern konnte. Meinen Nortik Navigator hatte ich nun schon zweieinhalb Jahre nicht mehr aufgebaut. Vorsichtshalber hatte ich mir die Aufbauanleitung eingepackt; trotzdem dauerte es fast 90 Minuten von der Ankunft des Zuges bis das Boot aufgebaut war, ich meinen Mittagstee getrunken hatte, alles verstaut war und ich mich vom Ufer abstoßen konnte. Das Wetter war - wie vorhergesagt - traumhaft. Obwohl ich in Dahlhausen direkt unterhalb des Wehres eingesetzt hatte, wurde meine Fahrt nach 2,5 km schon wieder gebremst; ich hatte schon das nächste Wehr in Steele-Horst erreicht. Leider waren die Bootsgassen alle nicht in Betrieb (vermutlich wegen möglicher Vereisungen im Winter) und der vom Hochwasser hinterlassene Schlamm erschwerte das Umtragen des Wehres. Zudem hatte ich Teile des Bootswagens hinter dem Sitz verstaut und musste erst einmal den Zugang durch lösen der Seesocke freilegen. Auf den nächsten acht Kilometern fuhr ich fast eine 360° Schleife, die nach gut vier Kilometern durch das nächste Wehr unterbrochen wurde. Während dieser Schleife hatte ich Gelegenheit, das Fahrverhalten des Bootes (ich hatte keine Steueranlage montiert) und die Möglichkeit, es mit dem neuen Paddel zu steuern, zu testen. Mein erste Eindruck: es ist etwas schwieriger, das Boot auf Kurs zu halten. Das mag daran liegen, dass die vorherigen Touren Gepäcktouren waren, das Boot tiefer im Wasser lag und eventuell anders getrimmt war. Mit dem Schullke-Paddel, das ich sonst fuhr, ist es leichter, durch einseitige Erhöhung des Drucks auf ein Paddelblatt gegenzusteuern. Das neue Avatak Grönlandpaddel liegt sehr schön geschmeidig in der Hand und ist deutlich leichter. Das andere Design verlangt aber eine für mich neue Paddeltechnik. Gegensteuern funktionierte wunderbar, wenn ich das Paddel nicht symmetrisch griff. Die Belastung des gesamten Bewegungsapparates (Muskeln, Gelenke...) war deutlich geringer. Wie sich das auf die Geschwindigkeit auswirkt, muss ich erst einmal im Vergleich testen. Ob sich damit ein Wesermarathon in vergleichbaren Zeiten paddeln lässt?

 

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Bald nach dem Wehr kamen mir die ersten Paddler entgegen und bis zur Staumauer des Baldeneysees in rund 14 km sollte ich noch viele Paddler treffen. Die Ruhr ist eine Paddelhochburg und an den Ufern reiht sich ein Kanuverein an den nächsten. Kurz nach Kilometer 40 liegt auf der linken Seite ein S-Bahnhof und daneben - als Wahrzeichen für eine vergangene Zeit - ein Förderturm. Ab hier macht sich der Rückstau des Baldenysees bemerkbar, welcher bei Kilometer 36 mit einer Rechtskurve beginnt. Das Vogelschutzgebiet am rechten Ufer ist zu umfahren. Bei Kilometer 35 bin ich zum linken Ufer gepaddelt und diesem bis kurz vor die Staumauer gefolgt. Gegen Ende des Sees sieht man die Villa Hügel über dem rechten Ufer trohnen. Der Ausstieg vor dem Wehr in Essen-Werden liegt ein ganzes Stück vor der Staumauer (ca. 200 m), er ist einfach und komfortabel. Ich reihte mich dann mit Boot und Bootswagen in die lange Kolonne von Spaziergängern ein, um den Einstieg hinter dem Wehr zu erreichen. Hier führt eine lange steile Treppe hinab zum Unterwasser. Die Einsatzstelle ist für Gruppen mit robusten Booten schon eine Zumutung, für Einzelpaddler mit Faltboot eigentlich nicht zu bewältigen :-(

Die nächste sinnvolle Einsatzstelle liegt dann erst hinter dem Mühlenkanal und vor der Straßenbrücke der Bundesstraße 224 in Essen-Werden. In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit beendete ich meine Tour hier, packte mein Gerödel wieder zusammen und auf den Bootswagen. Bis zum Bahnhof auf der rechten Seite der Ruhr sind es nur wenige Meter. Ich nahm den Schienenersatzverkehr (Streckensperrung der Bahn wegen Felssturz) nach Essen-Kettwig. Von dort ging es dann über Düsseldorf zurück nach Kempen. Um 18:44 Uhr war ich wieder am heimatlichen Bahnhof.

 

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